Auf der Suche nach den IQ-Gen

Kanadische Forscher der McGill Universität haben  die Gehirne von mehr als 500 Heranwachsenden über Jahre hinweg regelmäßig untersucht und auch den IQ ermittelt. Das 2009 veröffentlichte Ergebnis zeigte: Wer besser abschnitt, besaß in bestimmten Regionen eine dickere Großhirnrinde.

"Intelligenz spiegelt sich in der Anatomie wieder", kommentierte dies Jan Gläscher, Neurowissenschaftler am Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf.

Die Suche nach den zu Grunde liegenden Genen, etwa durch Robert Plomin vom King's College London, ist im vollen Gange. Er verfügt inzwischen über Daten von mehreren tausend Versuchspersonen und konnte den Zusammenhang von bestimmten DNA-Sequenzen mit Intelligenz aufzeigen. Allerdings glaubt er nicht mehr daran, jemals das eine, entscheidende IQ-Gen zu finden. "Das Phänomen ist zu vielschichtig für einen einfachen Mechanismus."

Stoffwechselvorgänge in den Nervenfasern dürften eine ebenso entscheidende Rolle spielen wie der Feinaufbau des Gehirns. Wichtig wird zudem sein, wie flexibel das Nervennetz auf neue Reize reagiert - aber auch wie groß die Kapazität des Arbeitsgedächtnisses ist. "Jeder DNA-Abschnitt für sich hat nur einen äußerst geringen Einfluss", stellt Plomin fest.

Aber die vielen einzelnen Gene, meint Plomin, lassen sich zu einer Art genetischen Fingerabdruck zusammenfügen, der Aufschluss über den IQ gibt.

iq_tabelle Aber selbst ein so überzeugter IQ-Genetiker wie Plomin weiß:  Am Ende bestimmt die Umwelt, was aus der Anlage entsteht - und wie stark der Einfluss der Gene ist.

Zu Plomins verblüffenden Erkenntnissen zählt, dass der durchaus variabel ist. So ist durch verschiedene Studien belegt, dass im Kleinkindalter vor allem die Umwelt über die Intelligenz entscheidet und die Erbanlagen nur zu rund 30 % beteiligt sind. Der Anteil wird dann im Lauf der Jahre immer größer und erreicht 70-80 % im Erwachsenenalter.

Wie stark sich verbesserte Lebensumstände auswirken können, belegt der Flynn-Effekt (James Flynn, neuseeländischer Intelligenzforscher)

Flynn zeigte 1984, dass der durchschnittliche IQ in den Industrieländern seit den 1930er-Jahren um etwa 3 Punkte pro Jahrzehnt anstieg, was über 50 Jahre hinweg eine enorme Steigerung bedeutete.