Was sagt die Forschung zur Hochbegabung?

Hochbegabte Menschen haben eine spezielle Hirnstruktur. Allerdings steht die Forschung hier noch ganz am Anfang. Informationen zu den Forschungsaktivitäten der AG "Hochbegabung und Gehirn", die im April 2006 mit Förderung der Karg-Stiftung für Hochbegabtenförderung (Frankfurt/Main) an der Universitätsklinik für Epileptologie in Bonn ihre Arbeit aufgenommen hat.

Mit Hilfe von Methoden aus der Hirnforschung soll geprüft werden, ob die Leistungen durch Hochbegabte auch auf der Hirnebene quantitativ oder qualitative anders erbracht werden. Im Prinzip wären dabei mindestens drei alternative Resultate vorstellbar:

  • Hochbegabte aktivieren dieselben Hirnregionen wie Normalbegabte, jedoch stärker:

    Weil sie mehr neuronale Ressourcen zur Verfügung haben und einsetzen können, erzielen sie bessere Leistungen. Hoch- und Normalbegabung wären dann ein Kontinuum.

  • Hochbegabte aktivieren dieselben Hirnregionen wie Normalbegabte, jedoch in geringerem Ausmaß:

    Weil der neuronale Computer im Kopf Hochbegabter in bestimmten Regionen effizienter verdrahtet ist oder weil die "Software" besonders ökonomisch "programmiert" ist, kommen sie letztlich mit weniger Nervenzellaktivität - und dadurch physiologisch mit weniger Energie - zum Ziel. Auch in diesem Fall bilden Hoch- und Normalbegabung ein Kontinuum.

  • Hochbegabte aktivieren ein ganz anderes Muster von Hirnregionen als Normalbegabte:

    Dabei könnten bestimmte Regionen im Vergleich zu Normalbegabten entfallen, während andere Areale zusätzlich "anspringen". Ein solches Resultat würde widerspiegeln, dass bei der Aufgabenbearbeitung andere neurokognitive Strategien angewendet und dass andere neuronale (und wahrscheinlich auch kognitive) Ressourcen eingesetzt werden.

    In diesem Fall könnte man eine Hochbegabung qualitativ von einer Normalbegabung unterscheiden, sie wäre qualitativ etwas anderes als nur die gesteigerte normale Funktion.

Die Wissenschaftler der Universitätsklinik für Epileptologie in Bonn prognostizieren für das Ergebnis Ihrer Untersuchungen die Bestätigung der 3. These.

Erfahrungen mit Hochbegabung im Tutorium Berlin 

Diese 3.These würden die bisher im Tutorium Berlin gesammelten Erfahrungen bestätigen:
Hochbegabte aktivieren ein ganz anderes Muster von Hirnregionen als Normalbegabte. Bei der Aufgabenbearbeitung werden andere neurokognitive Strategien angewendet und es werden andere neuronale (und wahrscheinlich auch kognitive) Ressourcen eingesetzt als von Normalbegabten.

Das Team im Tutorium Berlin ist sich nach den gesammelten Erfahrungen sicher, dass man eine Hochbegabung qualitativ von einer Normalbegabung unterscheiden muss, denn sie ist qualitativ etwas anderes als nur die gesteigerte normale Funktion.

Derzeit wird mit hochbegabten Kindern oft nur ein standardisierter Intelligenztest durchgeführt, um einen möglichst objektiven Vergleich mit Kindern gleichen Alters durchführen zu können. Zwei Prozent der Bevölkerung werden so als intellektuell hochbegabt (IQ > 130) beziehungsweise ein Prozent als höchstbegabt (IQ > 135) (nach Gerhard Roth, Institut für Hirnforschung, Universität Bremen) charakterisiert.

Nach den Erfahrungen im Tutorium Berlin ist das Messen des IQ nur ein sehr ungenügendes Hilfsmittel.

Eine bessere Informationsquelle sind Beobachtungsverfahren. Eltern, Lehrer und das Kind selber werden gebeten, das Verhalten zu beschreiben. Auch der Diagnostiker selbst macht sich ein Bild vom Denken und Verhalten des Kindes im Gespräch und in der Testung.